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Hexenjagd

von Arthur Miller

Schiffbau/Halle

Premiere am 9. Januar 2016


Salem, Massachusetts im Jahr 1692. Der Gemeindepfarrer Samuel Parris überrascht eine Gruppe junger Mädchen im Wald, wo sie zu geheimnisvollen Riten ums Feuer tanzen. Einige der Mädchen werden daraufhin von einer merkwürdigen Krankheit befallen, die Zustände von Ohnmacht, Zittern und Halluzinationen hervorruft. Ist Hexerei im Spiel? Sind sie vom Teufel besessen? In der streng puritanischen Gemeinde breitet sich Angst aus, die die gesellschaftliche Ordnung bedroht. Um den Feind im Innern zu bekämpfen, wird der Exorzist Pastor Hale ins Dorf gerufen. Damit wird ein Prozess ausgelöst, der eine unkontrollierbare Eigendynamik entwickelt. Unter dem Einfluss der Anführerin Abigail entwickelt sich die zunehmende Hysterie und Hysterisierung der Mädchen zu einer unheimlichen Macht. Keiner scheint mehr sicher vor der Denunziation seines Nächsten und bei Anklage droht das Todesurteil. Arthur Millers Drama basiert auf einem realen Fall und entstand 1953 auf dem Höhepunkt der McCarthy­-Ära.

„Krimi, Parabel und Diskurs: Arthur Millers „Hexenjagd“ beschreibt eine nur allzu gut bekannte Gegenwart. Jan Bosse verwebt das Stück am Schauspiel Zürich bravourös zu einem Gespinst aus Gier und Ängsten“ Süddeutsche Zeitung


„Mitreissendes Schauspiel: Jan Bosse bringt Arthur Millers „Hexenjagd“ in die Zürcher Schiffbauhalle“ NZZ


„Ein beklemmend-spannender, böse schillernder, aussergewöhnlicher Theaterabend.“ St. Galler Tagblatt


„Aber wir müssen schon sagen, dass wir hingerissen von dieser Vorstellung sind. Denn grossartig ist alles gespielt, so maskenhaft auch die Figuren im Stück angelegt sind. Und über die Virtuosität des Ensembles hinaus: Die Schauspielerinnen und Schauspieler lassen auch sehen, was unter der Maske von Gut und Böse, Schwarz und Weiss, Arthur Miller und pädagogisch wertvoll ist.“ Der Landbote


„Dreck! Durch aufgeworfenen Boden waten wir zu unserem Platz in der Schiffbau-Halle. Hinter uns ragt die Holzwand eines Kirchleins auf; überhaupt schliessen die dunklen, hölzernen Wände der typischen Neuengland-Architektur des 17. Jahrhunderts das Spielgeviert ein – und uns. Aus der engen, puritanischen Welt gab es einst kein Entrinnen, und so schiebt Bühnenbildner Stéphane Laimé die Zuschauer von allen vier Seiten her dicht heran ans Geschehen im Dreck, als wären sie voyeuristisches Volk rund um einen Unfall. Die Unfallopfer heissen hier Recht und Freiheit und Menschenwürde; und Arthur Miller hat ihnen in „Hexenjagd“ ein Denkmal gesetzt.“ Tages-Anzeiger


„Zwar entfaltet sich die Parabel in der Zürcher Schiffbau-Halle bei Bosse buchstäblich nah am Zuschauer. Das Publikum, das zu allen vier Seiten um Stéphane Laimés grossflächig mit Sand bedeckte Spielfläche sitzt, bekommt also gern mal ein paar Körner ins Gesicht, wenn sich ein Mädchenchor ekstatisch auf dem Boden wälzt oder wenn der unter spärlich-fettiger Blondhaarperücke hervorschauende Teufelsaustreibungsspezialist Hale (Jirka Zett) mit erhobenem Kreuz auf den Dorfoppositionellen John Proctor (Markus Scheumann) zusprintet. Abgesehen von Hales Achtzigerjahre-Jeans-Blouson – einem absoluten modischen No-Go, das seinen Träger als durchaus gegenwartsanschlussfähigen Sonderling ausweist – betonen Bosse und Kostümbildnerin Kathrin Plath aber lieber die historische Distanz. Man trägt Hut und bei Bedarf sogar mal eine Art Nasenzwicker, frau Reifrock im Spitzen- und Dienerinnenlook. Und die Einrichtung brilliert mit cleanem Fünfzigerjahre-Krankenhaus-Charme.“ Spiegel online


„Arthur Millers „Hexenjagd“ schreit geradezu danach, den Weg auf unsere Bühnen zurückzufinden. 1953 entstanden, spielt das Stück auf die McCarthy-Ära an, in der alle Andersdenkenden als „unamerikanisch“ vors Tribunal gezogen und verurteilt wurden. Da ist kein Narr, wer dabei ans Heute denkt. Bedroht doch auch heute die Angst vor dem Fremden die gesellschaftliche Ordnung. Wie die Angst der Bürger von Salem vor den Lügengespinsten der „Hexe“ Abigail, die eine Gemeinde in den Abgrund führt. Jan Bosse hat das teuflische Spiel am Zürcher Schauspiel bildkräftig in Szene gesetzt.“ Rhein-Neckar-Zeitung


„Jan Bosse inszeniert „Hexenjagd“ nicht als Lehrmodell einer Gesellschaft, die ihre Bürger bespitzelt und verdächtigt. Dass ein Gericht allen Ernstes die skrupellos agierende Abigail und ihre verängstigte Jung-Mädchen-Gefolgschaft als Werkzeug Gottes akzeptiert und aufgrund ihrer Beschuldigungen unschuldige Bürger zum Tode verurteilt, wirkt grotesk genug. Vielmehr forciert Bosse die private Eifersuchts-Intrige der jungen Abigail, als verschulde diese den Wahn. Er setzt auf Tempo, auf grandios spielende Schauspieler, orchestriert die Geschichte wie einen Thriller. Das macht den dreistündigen Abend spannend und schauspielerisch lebendig. Das Premierenpublikum war begeistert und bedankte sich mit grossem Applaus.“ seniorweb.ch


„Wo Arthur Miller mit Innenräumen die Konzentration auf die Schauspieler und ihre Konflikte erzwang, holt Bosse die ganze Geschichte ins Offene. Damit wird auch das Privateste öffentlich, was in der Epoche von Facebook ja durchaus passend erscheint, und die Zuschauer sind nicht nur teilnahmslose Besucher, sondern integraler Bestandteil einer Gerichtssituation, die an ein antikes Forum erinnert.“ Basler Zeitung


„Arthur Miller entwickelt den Plot spannungsvoll, in sich immer noch steigernden Volten, und legt den Finger dabei in erster Linie auf die durchaus unfrommen Beweggründe der Figuren. Da ist die Ehefrau des begehrten Brotherrn bald der Hexerei bezichtigt, und auch eine mit Nadeln durchstochene Puppe lässt sich umgehend finden. Teuflisch ist die Eigendynamik der neurotischen Selbstzerstörung. Jan Bosse schaut von allen Seiten darauf. Der Regisseur betreibt ein dialektisches Spiel mit Nähe und Abstand, mitreissendem Schauspiel und distanzierenden Setzungen wie der Raumsituation, in der das Publikum seiner Rolle stets gewärtig bleibt, aber auch einer Videospur (Jan Speckenbach), die ihren eigenen – zumeist ironischen – Kommentar zum Geschehen abgibt, mit allerhand gespenstischen oder närrischen Assoziationen in flüchtiger Kreideschrift.“ NZZ


„Lügenpresse, Nazipack, Gutmenschentum, Asylbetrüger: ein Stimmungsbild in Schwarz und Weiss, dazwischen gibt es nichts und wenn doch, so handelt es sich um vermintes Gelände. Regisseur Jan Bosse ist im Zürcher Schiffbau klug genug, dieses Gebiet gar nicht erst zu betreten. Arthur Millers „Hexenjagd“ belässt er im puritanischen Salem, Massachusetts, des 17. Jahrhunderts, wo man die Bürger der Reihe nach an den Galgen bringt: in der Hoffnung, irgendwann den einen zu finden, der sich mit dem Teufel verschworen hat. Sie suchen ihn auf einem staubigen Dorfplatz. Das Publikum sitzt ringsum auf vier Tribünen verteilt, hinten ragen die Kulissen eines klassischen Westerndorfes empor (Bühne: Stéphane Laimé).“ Südkurier


„Das ist natürlich schon ein sehr schwarzes Stück mit Tod und Teufel, und Jan Bosse lässt auch alles auffahren, was so schön schaurig wirkt. Da wird mächtig georgelt und tief auf dem Bass gespielt – „Burn the Witch“ von den Queens of the Stone Age gibts in einer Liveversion. Da wird die Nebelmaschine angeworfen und das grellste Licht fällt ein. Auch Veitstänze in Reifröcken sind zu sehen, sie werden angeführt von Dagna Litzenberger Vinet als Abigail, die die schwärzeste aller Seelen ist. Und manchmal bekommen von ihr auch die Zuschauer etwas Sand in die Augen gestreut.“ Zürichsee-Zeitung


„Frauen in schwarzer Unterwäsche, andere in schwingenden Reifröcken mit kunstvoll hochgestecktem Haar stürmen die Bühne. Amazonen mit Gitarre, die in Schnürstiefelchen über ein sandiges Gräberfeld staksen. Im gleichförmigen Rhythmus spielen sie die ersten Takte eines Songs der Rockband Queens of the Stone Age an: „Burn The Witch“. Verbrennt die Hexe – passender geht's nicht in einer Inszenierung von Arthur Millers „Hexenjagd“. Das Lied, das am Samstag bei der Premiere in der Schiffbauhalle des Schauspiels Zürich zu hören war, handelt von Wahrheit und Lüge, vom in der Hölle brennen, vom Geschichten erfinden und vom Mob, der Blut sehen will; also ziemlich genau von all dem, was Miller in seinem 1953 entstandenen Stück erzählt.“ Stuttgarter Nachrichten


„Dass Gerichtsverhandlungen für das Theater eine ideale Vorlage bilden, ist bekannt. Bosse macht aus dem zweiten Teil der „Hexenjagd“ einen philosophischen Krimi, und der herausragende Jean-Pierre Cornu in der Rolle des Richters Danforth hat daran massiven Anteil. Wie er, einer eigenen Vernunft folgend, die Opfer bedrängt, wie er durchaus konsequent durchzusetzen versucht, woran er glaubt, auch wenn es zahllose Menschenleben kostet, das geht unter die Haut. Wäre er bloss das Klischee eines Bösewichts – er liesse uns kalt. Schrecklich ist er, weil er, fast paternalistisch, der festen Überzeugung ist, das Richtige zu tun. Wir müssen nicht ins 17. Jahrhundert zurückgehen, um Männern zu begegnen, die zu allem bereit sind, wenn es gilt, irgendwelche scheinbar gefährdeten Werte zu verteidigen. Von den Hexenprozessen nach Guantanamo ist es ein kurzer Weg.“ faustkultur.de


„Erst gegen Ende wird es todernst. John Proctor (Markus Scheumann) muss sich entscheiden: Will er das bigotte, todbringende System zum Schein bejahen – und damit sein Leben retten. Oder will er öffentlich seinen Überzeugungen treu bleiben? Ein Einzelner, der sich einer von Angst getriebenen Masse entgegenstellt. Ein stiller Moment in einer umtriebigen Inszenierung.“ Basellandschaftliche Zeitung


„Wie Carolin Conrad alle Nuancen der Angst und der Verzweiflung und alle Facetten menschlicher Grösse spielt, das rührt einen kolossal, während Markus Scheumann die Aporie eines aufrechten Menschen in grausiger Zeit spürbar macht. Er kann nicht lügen, er stirbt.“ Süddeutsche Zeitung


„Kastrations- und andere Ängste treiben Millers Figuren um; auch das macht Jan Bosse offensichtlich. Die meisten dieser Hexenobsessionen und Teufelsvisionen stammen aus dem Unterleib. Am schönsten zeigt sich das bei Lisa-Katrina Mayer in der Rolle der Magd Mary, einer der jungen Frauen, die ihre Haut retten, indem sie die andern denunzieren – diese Schauspielerin verblüfft jedes Mal aufs Neue, sie vermag noch der kleinsten Rolle eine unerwartet sprechende, verräterische Körperlichkeit zu geben. Dagna Litzenberger Vinet in der Rolle der Anführerin Abigail bringt die erforderliche Mischung aus Koketterie und Präpotenz mit; Nils Kahnwald, Jirka Zett und Jean-Pierre Cornu sind Gottes Cowboys in einem messianischen Kampf gegen das Böse. Carolin Conrad und Markus Scheumann als das Ehepaar Proctor – die Aufrechten, die darin zugrunde gehen – zeigen sich mit virtuosem, zuweilen auch hochgradig komischem körperlichem Einsatz von der Hysterie affiziert. Es macht mächtig Spass, ihnen zuzuschauen.“ NZZ


„Wie Markus Scheumann den nicht ganz treuen Ehemann, nicht ganz gläubigen Christen gibt in seiner Schwäche und Stärke, seinem Hochmut und seiner Hochherzigkeit, gehört zu den Glanzleistungen der Aufführung.“ Tages-Anzeiger


„Am Ende stehen 18 Holzkreuze auf der weiten Bühne der Zürcher Schiffbau-Halle. Die Zahl der Todesurteile, die der halbseidene Richter Danforth (Jean-Pierre Cornu in lilafarbenem Gehrock und Bestform) bis dahin verhängt hatte, dürfte allerdings locker im zehnfachen Bereich liegen. Denn ganz egal was die Angeklagten tun oder lassen: Praktisch alles kann zum Beweis für unamerikanische (oder anderweitig unangemessene) Umtriebe zurechtfrisiert und gegen sie verwendet werden. Der Bäuerin Elizabeth Proctor zum Beispiel wird der zufällige Besitz einer hässlichen Puppe zum Verhängnis. Man verbringt die von Carolin Conrad mit wohltuender Larmoyanz-Freiheit gespielte Frau direkt vom heimischen Abendbrottisch in den Knast. Ihre Nachbarin war soeben für den blossen Spass am Bücherlesen am Strick gelandet.“ Spiegel online


„Im Stuttgarter Schauspielhaus hat Bosse zuletzt mit Bergmans „Szenen einer Ehe“ und „Herbstsonate“ Familiendramen auf die Bühne gebracht. Auch in Zürich gelingt es ihm besonders gut, den bei Miller holzschnittartig gezeichneten Figuren Tiefe zu verleihen. Vor allem Carolin Conrad und Markus Scheumann spielen das Ehepaar Elizabeth und John Proctor anrührend, das sich trotz seines Ehebruchs immer noch liebt. Abigail Williams (Dagna Litzenberger Vinet), Anführerin der Mädchen, wirkt wie ein trotziges Kind, das den bösen Hokuspokus vor allem aus Liebeskummer praktiziert, in der Hoffnung, die Frau ihres Ex-Lovers John Proctor beseitigen zu können. Flehend hängt sie sich an Proctor, lässt sich von ihm quer durch den Raum schleifen. Und zögert nicht lange, bis sie Elizabeth als Satansbraut denunziert. Selbst die heute fern scheinenden Teufelsaustreibungen – abgesehen davon, dass so eine tödlich endende Sitzung zuletzt tatsächlich in Deutschland stattgefunden hat – inszeniert Jan Bosse fein, hält die Balance zwischen Klamauk und Schrecken. Jirka Zetts Pastor Hale springt auf das Bett eines der Mädchen und fuchtelt mit einem riesigen Holzkreuz vor ihrer Nase, sucht nach sicheren Zeichen für ihre Besessenheit. Doch seine Lächerlichkeit kippt ins Gemeingefährliche, als er die Mädchen zu bedrohen beginnt. Auch Jean-Pierre Cornu spielt den Richter Danforth als vernagelten Menschen, der mit seinem ungläubigen Staunen über Ehebruch, Lug und Trug zum Lachen reizt. Der aber hilflos überfordert ist, als Mary Warren (Lisa-Katrina Mayer) aussagt, sie, Abigail, und die anderen Mädchen hätten alles nur erfunden. Er besteht darauf, die Verdächtigten nur laufen lassen zu können, wenn sie gestehen, denn: „Wir leben in einer strengen Zeit“ und: „Wer nicht gesteht, wird gehenkt.“ Stuttgarter Nachrichten


„Kinder wollen ihrer Strafe entgehen, eine Magd ersehnt den Aufstieg. Dem Missverhältnis aus der Banalität des Bösen einerseits und seiner mystischen Überhöhung andererseits gewinnt Bosse wunderbar erhellende Momente ab. Pastor Parris etwa, der langhaarig und schnauzbärtig eher an einen Rockstar erinnert als an einen Geistlichen, offenbart nach Hinrichtung der ersten Bürger eine geradezu infantile Freude am morbiden Spiel, rammt inbrünstig Kreuze in den Boden, als sei er selbst vom Teufel besessen. Grossartig ist das, wie Nils Kahnwald diese Zerstörungslust zur Geltung bringt, eindrucksvoll auch Dagna Litzenberger Vinet als dämonisch unterkühlte Abigail sowie Markus Scheumann in der Rolle des erst an Gott und dann am Teufel verzweifelnden John Proctor.“ Südkurier


„Da ist zum Beispiel Jirka Zett, bei dem der Pastor John Hale ein Mann mit elend blonder Mähne und unsolider Konstitution ist: wie er sich winden kann zwischen Selbstgerechtigkeit und Zweifel an seinem Handeln. Einen grossartigen Auftritt hat auch Jean-Pierre Cornu als Richter Danforth – man sieht in seinem harschen Auftreten auch die aufkommende Angst: wie er zurückweichen kann und doch bei seiner Sache bleibt. Und dann natürlich Markus Scheumann und Carolin Conrad, die John und Elizabeth Proctor geben. Wer sie am Tisch Kaninchen essen gesehen hat, weiss, wer sie sind. In ihnen sieht man auch die Liebe, die in dieser Geschichte eingeschrieben ist. Es sind Augenblicke einer grossen Ruhe. Und auch Gelassenheit.“ Zürcher Oberländer


„Es wird viel gekreischt, gebrüllt und gesungen. Für Martin Luthers „Ein‘ feste Burg ist unser Gott“ wird extra ein Liedblatt zum Mitsingen gereicht; „Burn theWitch“ von Queens of the Stone Age kriegen die zu Rockröhren in schwarzen Dessous mutierten Geisterseherinnen mit ihren E-Gitarren allein hin, und ein Mädchenchor reisst sich dazu orgiastisch-epileptisch die Kleider vom Leib. Kurz: Es wird ganz toll dick aufgetragen. Zum Glück bedeutet dick nicht unbedingt doof. Sogar Pastor Parris, der feige Fiesling, ist bei Nils Kahnwald eine sehenswerte Karikatur. Den seiner eigenen Autorität hörigen Richter, der einen Bewohner um den andern zum Tod verurteilt, gibt Jean-Pierre Cornu als schnaubendes Ungetüm; die aufrechte Hebamme von Nikola Weisse ist hinreissend. Und wenn die Backfische Abigail, Betty, Mercy (Tatjana Sebben) und Susanne (Miriam Morgenstern) ihre Visionen haben, während Ecstasypillen und Mördervögel über die Wände segeln, ist das buchstäblich ein Schaustück.“ Der Bund


„Besonders kann sich die Regie auf den überragenden Jirka Zett stützen, der mit schütterem blondem ottomässigem Langhaar und einem in der Hemdbrusttasche geradezu lächerlich lässig wirkenden Kreuz den als Experten von aussen geholten Exorzisten Hale keineswegs als verbohrten Fanatiker, sondern als zuerst neugierigen, dann staunenden und schliesslich von den hysterischen Umtrieben im Dorf zunehmend abgestossenen Beobachter gibt. Auch Markus Scheumann macht seine Sache als aufrechter Landwirt John Proctor ziemlich gut: Er ist mit der fest im Leben verankerten 26fachen Grossmutter Rebecca Nurse (souverän: Nikola Weisse) fast der einzige im Dorf, der das destruktive Spiel der Mädchen durchschaut; eine weisse Weste aber hat auch er nicht. Durch seinen Seitensprung mit der ehrgeizigen Abigail (Dagna Litzenberger Vinet) hat er sich angreifbar gemacht – und ist ein Auslöser für den Hexenwahn, da sich die junge Frau Hoffnung auf einen Platz an seiner Seite macht und deshalb Proctors Ehefrau Elizabeth an den Strang bringen will. Diese ist bei Carolin Conrad allerbestens aufgehoben: bei aller charmanten Zurückhaltung fest und unanfechtbar in ihrer Selbstvergewisserung und klaren Haltung gegenüber ideologischer Verblendung, sogar noch solidarisch mit ihrem untreuen Mann, dessen Ehre sie vor Gericht stotternd verteidigen zu müssen glaubt – zu seinem und letztlich auch zu Salems Verhängnis: Die Anerkennung der Rache einer Ehebrecherin als sehr handfestes Motiv hätte dem Teufelsspuk wohl ein Ende bereitet.“ Badische Zeitung


„Das Ensemble, auch in den mittleren und nachgeordneten Rollen, zeigt ein grossartiges, kompaktes, intensives Spiel. Von zentraler Bedeutung sind Markus Scheumann als ausserordentlich präsenter und bewegender John Proctor, Dagna Litzenberger Vinet als coole, listige und selbstgefällige Bandenführerin Abigail, Jean-Pierre Cornu als skrupelloser und selbstherrlicher Richter Danforth, Sofia Elena Borsani als Pastors Parris hysterische und wankelmütige Tochter Betty und Jirka Zett als eifriger und reumütiger Teufelsaustreiber Hale. Gelobt sei auch Carolin Conrad als Proctors zurückhaltende Ehefrau Elizabeth.“ seniorweb.ch


„Richtig cool in Bosses „Hexenjagd“ sind vielmehr jene starken Passagen, die von Figuren getragen werden, denen wir mit Interesse folgen, ohne dass sie uns ins Dunkelreich ihrer Psychologie hineinsaugen wollen. Also jene, die von einer Faszination umgeben sind, die wie ein ganz leichtes Fieber wirkt. Am stärksten ist in dieser Hinsicht Jirka Zett, der mit fliehender Stirn und strähnigem Langhaar seinen Pastor John Hale so spielt, als hätte dieser eines Tages für sich entdeckt, dass die Sache mit dem Teufel und dem Exorzismus doch noch etwas Abgefahrenes sein könnte, also etwas für ihn – und dann von all dem so angefixt wurde, dass er sich nun vor unseren Augen aus seiner Nerdwelt in die Wirklichkeit hervortastet, immer ein wenig erstaunt, dass tatsächlich allem Folge geleistet wird, was er da im Namen Gottes einfordert, wenn er sich anschickt, in der Dorfgemeinschaft das Handwerk der Teufelsaustreibung zu verrichten. Gewiss, nicht alles in dieser „Hexenjagd“ ist so raffiniert wie das Spiel von Jirka Zett. Aber vieles dann doch: Markus Scheumanns Proctor, Carolin Conrad als dessen Ehefrau Elizabeth und Nils Kahnwald als Pastor Parris – sie alle und noch viel mehr in diesem grossen Ensembleabend zeigen, was sie können (und das ist naturgemäss sehr viel).“ Nachtkritik.de


„Eine freudlose, engherzige Gesellschaft zeichnet Arthur Miller in „Hexenjagd“; in eine Mischung aus dumpfer Betstube und Kampfarena setzt Bühnenbildner Stéphane Laimé das Drama in der Schiffbauhalle des Schauspielhauses Zürich: ein Sandkasten in holzvertäfelten Wänden, flankiert auf vier Seiten vom Publikum. Dahinter die Wildnis, ein Waldgestrüpp, das auch einmal dämonisch leuchtet und in dem man sich allerhand Emanationen eines verdrängten Unbewussten vorstellen kann.“ NZZ


„Obenherum umfasst ein eindrückliches Bühnenbild, eine realistische Waldtapete, die Szenerie (Bühne: Stéphane Laimé). Das Licht im Wald rötet sich, wenn die Hexenjagd beginnt und verdunkelt sich zur Nacht hin. Die Bühne ist eine sandige Arena – ein Kampfplatz.“ Aargauer Zeitung


„Die Frauen blicken herausfordernd in die Menge – auf die Geistlichen, den Richter, die bigotten Dorfbewohner und die Zuschauer. Die sitzen rund um das Spielfeld auf harten Bänken und sind gleichsam Teil des raumfüllenden Bühnenbilds von Stéphane Laimé. Eine Mischung aus Westerndorf, Kirche und Gerichtssaal, dazu eine täuschend echt wirkende Wald-Fototapete an den Wänden. Wie sie hier so kreischen, singen und Gitarre klampfen, wirken sie trotz der von Kathrin Plath entworfenen prächtigen historischen Kostüme (das Stück spielt Ende des 17. Jahrhunderts) wie Frauen von heute. Rebellinnen, die nach eigenen Gesetzen handeln, die eine Gesellschaft von Heuchlern und Pharisäern aufmischen. Das hat weniger von der McCarty-Ära und mehr von einem Aktivistinnen-Auftritt der feministischen Punkband Pussy Riot, die gegen Machtmissbrauch jeglicher Art ankämpft. Eine ordentliche Portion Stolz ist in ihrem Blick, aber auch jede Menge Wahnsinn. Denn ihr „Protest“ kostet zahlreiche unschuldige Menschen das Leben.“ Stuttgarter Nachrichten


„Ein ganz dickes Lob gebührt den Schneiderinnen des Schauspielhauses Zürich: Sie haben – unter der Leitung der Kostümbildnerin Kathrin Plath – den Mädchen in Arthur Millers „Hexenjagd“ grossartige, historisierende Reifröcke genäht, weisse, blaue und schwarze Stoffe mit Spitzenbesatz, die dank bauschenden Unterröcken zu fantastischen Kuppeln werden. Kathedralen der Keuschheit sind das, in denen die Schauspielerinnen durch die Sandarena wandeln und rennen, die Stéphane Laimé in die Schiffbauhalle des Schauspielhauses Zürich gebaut hat.“ Basler Zeitung


„So verstörend die Geschichte über die Wege des Wahns und seine Protagonisten ist, dem Regisseur Jan Bosse gelingt es mit seiner Inszenierung in der Schiffbau-Halle des Schauspielhauses Zürich vortrefflich, eine distanzierte Version der absurden Hysterie zu zeigen.“ seniorweb.ch


„In Sachen Virtuosität ist in Bosses Inszenierung wirklich vieles sehr gut gemacht, zum Teil sogar verdammt gut.“ Nachtkritik.de


„Jan Bosse durchwirkt diese sich selbst zerstörende Welt, in der alle Ordnung, die zuvor Garant für menschliches Miteinander war, zerbröselt, mit nicht selten Gänsehaut bewirkenden Szenen und Bildern. Das Publikum reagierte mit zehnminütigem, von Jubeltönen durchzogenen Applaus. Zu Recht. Für eine „Hexenjagd", die packendes Bilder-Theater und Parabel zugleich ist.“ theaterpur.net


„Wir machen uns einen Gottesdienst für das Theater. Und ein bisschen Teufelsaustreibung ist auch dabei. Jan Bosse setzt Arthur Millers „Hexenjagd“ im Schiffbau in den Sand. Und das ist hinreissend.“ Der Landbote


„Gier und Eifersucht vermischen sich mit echten und behaupteten Ängsten, Religion wird zum Vehikel, und aus all dem entsteht ein Geflecht von Zuständen und Argumenten, das nicht eins-zu-eins, aber doch mühelos vieles von dem erhellt, was Europa gerade in aller Ambivalenz umtreibt. So wird die „Hexenjagd“ zum Lehrstück im besten Sinn.“ Süddeutsche Zeitung


„Auf einer historischen Begebenheit gründet Millers „Hexenjagd“ – und trifft doch die Gegenwart. Inwiefern, das überlässt die furiose Zürcher Inszenierung dem Publikum.“ NZZ

Mit Markus Scheumann, Carolin Conrad, Dagna Litzenberger Vinet, Jirka Zett, Lisa-Katrina Mayer, Nils Kahnwald, Jean-Pierre Cornu, Hans Kremer, Isabelle Menke, Gottfried Breitfuss, Nikola Weisse, Ludwig Boettger, Sofia Elena Borsani, Tatjana Sebben, Miriam Morgenstern, Sophie Angehrn, Naomi Bouvard, Marlen Büchi, Miriam Buchmann, Lara Bumbacher, Annet Disler, Michelle Hänni, Maggy Hardardottir, Amélie Hug, Annika Leitner, Vlora Mulaku, Ailin Nolmans, Rosanna Rotach, Julia Tanner, Julia Tanner
Regie
Jan Bosse
Bühne
Stéphane Laimé
Kostüme
Kathrin Plath
Musik
Arno Kraehahn
Licht
Markus Keusch
Video
Jan Speckenbach
Regieassistenz
Clara Isabelle Dobbertin
Bühnenbildassistenz
Marie-Luce Theis
Kostümassistenz
Selina Tholl
Dramaturgieassistenz
Irina Müller
Souffleuse
Gabriele Seifert
Inspizienz
Aleksandar Sascha Dinevski
Theaterpädagogik
Janina Offner, Manuela Runge
Bühnenbildhospitanz
Christin Schumann
Dramaturgie
Gabriella Bußacker
Regiehospitanz
Johanna Posenenske, Yuki Hubmann
Kostümhospitanz
Anna Vyshnyakova
Korrepetitor
Lev Vernik
Arrangement Song
Fotografie Waldprospekt
Harf Zimmermann

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