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Love/No Love

von René Pollesch

Schiffbau/Box

Premiere am 9. Mai 2015


„Ich hab jetzt keinen Ort mehr. Das ist das Problem. Es war immer der Platz neben dir, auch in Gedanken. Und der ist weg. Also hier! Also nicht mal besetzt, sondern einfach weg, verstehst du? Weisst du überhaupt, wie schrecklich vorbei das ist. Wie wenig das wiederzufinden ist, dich je geliebt zu haben. Wie viel Mitleid ich mit dir habe. Wie sehr ich dich liebe. Aber ich weiss natürlich, ich versuche dich, diese einzige leere Stelle, die überhaupt zu mir spricht, diese einzige leere Stelle, die überhaupt das Sehen in mir hervorbringt, auszuschliessen. Es gibt ja eine formale Bedingung für die Möglichkeit unseres Sprechens, wie auch eine Bedingung für unser Sehen. Und die ist, dass wir zuerst einmal angesprochen werden, oder angesehen. Wir sind also immer eine Antwort. Obwohl wir nicht wissen worauf oder was uns da ansieht. Eine Psychose krieg ich jetzt, wenn sich dieser leere Punkt in dir, verwirklicht. Wenn das auf das wir antworten, und das eben die Bedingung überhaupt dafür ist, dass wir sprechen und sehen, wenn das Teil der tatsächlichen Realität wird. Wir sehen, weil wir angesehen werden, wir sprechen, weil das eine Antwort ist. Normalerweise wissen wir natürlich nicht auf was. Und wenn das, was wir da tatsächlich ausschliessen müssen, plötzlich vor uns steht, dann wissen wir natürlich, dass wir die ganze Zeit beobachtet werden.“ (René Pollesch)


René Pollesch prägt als Autor und Regisseur mit seinen Pop-Diskurs-Stücken seit Jahren das deutschsprachige Theater. „Love/No Love“ ist bereits die fünfte Arbeit, die er mit dem Zürcher Ensemble erarbeitet. Zum zweiten Mal wird dieses von einem Männer-Sprechchor unterstützt, wie er schon in „Herein! Herein! Ich atme euch ein!“ das Publikum begeisterte. Charakteristisch für Polleschs Theater sind die ständigen Rollen- und Identitätswechsel, die Vermischung von Theorie- und Boulevard-Elementen sowie die schrill-komischen Räume seines Bühnenbildners Bert Neumann. Die Stücke, moderne Komödien, sind voller Sprachwitz und kreisen meist um die Themen Liebe, Arbeit und um das Subjekt in Zeiten des Kapitalismus.

„„Love/No Love“ ist ein brillantes Theater-Happening in Orange: Pollesch inszeniert Pollesch in Zürich. Dazu drei Schauspieler und ein 21-köpfiger Sprech- und Bewegungschor. Sie zaubern einen gigantischen Text virtuos auf die Bühne.“ Deutschlandradio Kultur


„Wenn auf der neonorange leuchtenden Bühne der Schiffbau-Box drei Schauspieler und ein 21-köpfiger Chor mit den Theoriesplittern werfen, wird das Herz zur Zielscheibe, egal, ob der Kopf voll ist von der Lektüre oder nicht. Und sie treffen!“ Tages-Anzeiger


„Pollesch-Abende sind ja immer so etwas wie ein kurzer, heftiger Flirt. Sie stürzen sich in einen hinein, sie reizen die Situation aus, und hinterher hängt man ihnen ein wenig verwirrt nach. Es ist die schönste Verwirrung, auch hier. Auch in „Love/No Love“ wirft Pollesch wieder seine Diskursmaschine an, deren rhetorischer Charme in der Übertreibung liegt, in der listigen Überzeichnung. Sein assoziatives Brainstorming, das sich rasant und pointiert an den Argumenten abarbeitet und sie immer noch eine Umdrehung weitertreibt; in den kostbarsten Momenten steigert es sich in eine diskursive Hysterie, die so komisch ist wie erhellend.“ NZZ


„René Pollesch zeigt die Liebe als Übungsfeld, auf dem wir den Handel mit unseren privaten Daten trainieren. „Ich geb dir ja gerne über mich Auskunft“, sagt Marie Rosa Tietjen, und Inga Busch pflichtet bei: „Ich hab dein Essen bezahlt, und du nahmst dafür an einer Umfrage teil, in der ich wissen wollte, was du so machst.“ Das ist so lange ein gutes Geschäftsmodell, wie die Liebe nicht zur Sackgasse wird, zur Wand, zum Netzwerk. Zum toten Etwas in der Wohnung, hinter dem man nur noch gewohnheitshalber ein Subjekt oder eine Innerlichkeit vermutet, etwas, das man wenn schon nicht mehr lieben, so doch wenigstens noch liken kann. „Wir hätten so eine gute algorithmische Beziehung führen können“, sagt Nils Kahnwald, und: „FUCK!““ Nachtkritik.de


„Wo andere Pollesch-Kompositionen drohten hermetisch zu werden, ergeben sich hier Anknüpfungspunkte. Man kann lachen, zur Spannung durch Rhythmus und Inhalt kommt das körperliche Element des spielerisch eingesetzten Chores und ein szenischer Überraschungseffekt. „Love/No Love“ behält den Pollesch-Ton, behält die inhaltliche Herausforderung, bereitet das aber szenisch lockerer und witzig auf.“ Basler Zeitung


„Wer versucht, sich an das gesprochene Wort zu klammern, ist von vorneherein auf verlorenem Posten. Wer den immer laut und rasch vorgetragenen Text vorschnell als platt und sinnlos verurteilt, muss wohl ein Bildungsbürger von gestern sein. Denn Pollesch bewegt sich mit „Love/No Love“ voll am Puls der Zeit: Man redet über alles und jeden, hat jedoch schnell mal genug von einem Thema, registriert mit Hilfe des meistausgesprochenen Wortes „Scheisse“, dass man nun zum nächsten Thema übergehen möchte.“ Deutschlandradio Kultur


„Allein für den Kalauer, dass man sich im Lebensverlauf verlaufen kann wie in der eigenen Wohnung, hätte sich der Besuch in der Schiffbau-Box gelohnt. In erster Linie aber wegen des überwältigenden Furors der drei Darsteller Inga Busch, Nils Kahnwald und Marie Rosa Tietjen und des 21-köpfigen, enorm sportiven Chors, der ebenso virtuos ein multiples Liebes-Gegenüber darzustellen vermag wie Möbel, ein Fliessband oder ein soziales Netzwerk. Sie finden auch im „Dead End“ noch eine Tür – sie war immer da, man braucht sie nur zu öffnen. Das ist die Macht des Theaters.“ NZZ


„Die drei Schauspieler (Inga Busch, Nils Kahnwald und Marie Rosa Tietjen) und der 21-köpfige Chor liefern, unterstützt mit poppiger Musik, ein virtuoses Spektakel. Der Chor glänzt mit sportiven Einlagen, spielt Wand, Möbel, Hometrainer, Fliessband oder soziales Netzwerk, konterkariert als sprechendes multiples Gegenüber wohltuend die drei Protagonisten bei ihrer Selbstsuche. Das Premierenpublikum hatte Riesenspass an diesem bunten Treiben und bedankte sich mit grossem Applaus.“ seniorweb.ch


„Wie schon beim letztjährigen Zürcher Abend „Herein! Herein! Ich atme Euch ein!“ lässt Pollesch einen Sprech- und Bewegungschor auftreten – 21 junge Männer, die nicht nur in diversen Tanzeinlagen ihre körperliche Fitness beweisen, sondern auch erstaunlich gut sprechen. Sie sind mal Möbel, mal ein Fliessband, dann ein Netzwerk – vor allem aber sind sie wie die Schauspieler Marionetten des Texts. So macht es Sinn, dass die Kostümbildnerin Sabin Fleck alle Darsteller identisch bekleidet: mit einem – natürlich orangen – Kapuzenkombi mit einem reflektierenden Palmblättermuster.“ Zürcher Oberländer


„In grelles Orange hat der Bühnenbildner Bert Neumann die Box des Schiffbaus getaucht für „Love/No Love“, die fünfte Arbeit des Kultregisseurs Rene Pollesch am Schauspielhaus Zürich. Orange leuchtet die Spielfläche, orange leuchten die Sitzstufen für das Publikum, orange leuchtet der Schriftzug „Dead End“ (Sackgasse) von der Rückwand.“ Zürcher Unterländer


„Wenn am Ende alle (wie in Max Frischs Biografie-Spiel) am nämlichen Punkt sind wie zu Beginn, scheint die Aussage weniger: Es ist alles ausweglos; mehr: Es ist alles immer neu möglich. Es ist das emanzipatorische Paradox dieses Abends, dass er zwar unablässig von der Aporie redet, aber den Zuschauer am Ende dennoch mit der beflügelnden Empfindung entlässt, vielleicht liesse sich ja der unabänderlichen Schicksalhaftigkeit doch noch ein Schnippchen schlagen. Vielleicht habe man ja doch ein wenig Verfügungsgewalt über seine Existenz.“ NZZ


„Am Ende jubelte das vorwiegend junge Premierenpublikum.“ Der Landbote


„Es macht keinen Spass, zu kapieren, dass man die ganzen Jahre vergeblich an sich herumgeschraubt hat und eh immer „an der völlig falschen Stelle“ nach seinem Selbst sucht, wie es im Rahmendialog des Stücks heisst. Aber es macht einen Riesenspass, beim Kapieren zuzusehen; beim Kapieren mitzugehen. Die richtige Stelle, nach sich selbst zu suchen, befindet sich derzeit definitiv in Zürich, in der Box im Schiffbau, bei Rene Polleschs „Love/No Love“.“ Tages-Anzeiger


„Fazit: Theater, das Junge von heute begeistert, weil es so direkt, schnell und keinen Moment langweilig ist. Und letztlich mehr Sinn macht als ein „auf Teufel komm du raus“ auf Aktualität getrimmter Klassiker von gestern.“ Deutschlandradio Kultur

Mit Inga Busch, Nils Kahnwald, Marie Rosa Tietjen, Thomas Rinderer, Guido Rupf, Noah Samoa, Daniel Zahnd, Wung Au, Filip Auf der Maur, Julian Boine, Till Ebinger, Sam Eisenring, Benjamin Fischer, Dean Gadaldi, Rafael Haldenwang, Sebastian Henn, Josep Kiss, Michi Kramer, Steffen Link, Philipp Lüscher, Pierre Morgadès, Marcelo Moyano, Gaël Orhan, Andrej Pe
Regie
René Pollesch
Bühne
Bert Neumann †
Kostüme
Sabin Fleck
Licht
Lothar Baumgarte
Chorleitung
Christine Gross
Dramaturgie
Karolin Trachte
Regieassistenz
Tobias Herzberg
Bühnenbildassistenz
Regula Zuber
Kostümassistenz
Mitra Karimi
Souffleuse
Rita von Horváth
Inspizienz
Ralf Fuhrmann
Choreografie
Sebastian Henn
Regiehospitanz
Leonie Ott
Kostümhospitanz
Till Ebinger
Dramaturgiehospitanz
Eva Luzia Preindl

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