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Jakob von Gunten

nach dem Roman von Robert Walser

„Jakob von Gunten“ ist als Gegenentwurf zum heutigen Lebensoptimierungs- und Effizienzwahn gleichermassen heiter wie beunruhigend. Walsers Antihelden sind ausnahmslos einsame Menschen, die permanent ihre eigene Welt erfinden müssen, weil die Welt, so wie sie ist, nichts für sie bereithält.“ Barbara Frey

„Man lernt hier sehr wenig, es fehlt an Lehrkräften und wir Knaben vom Institut Benjamenta werden es zu nichts bringen, wir werden alle etwas sehr Kleines und Untergeordnetes im späteren Leben sein“, beginnt Robert Walsers fiktiver Tagebuchroman aus der Perspektive des Internatszöglings Jakob von Gunten, erschienen im Jahr 1909. Der Ort der Handlung ist eine Dienerschule, in welcher die Entwicklung der Schüler nicht gefördert, sondern verhindert wird. Die Lehrer schlafen, sind tot, scheintot oder versteinert, ausser dem monströsen Vorsteher Herrn Benjamenta und seiner leidenden Schwester Fräulein Benjamenta. Der Grundsatz des Instituts lautet „Wenig, aber gründlich!“. Jakob von Gunten ist intelligent und stammt aus bürgerlichen Verhältnissen, jedoch verfolgt er stoisch das Ziel, eine „reizende, kugelrunde Null“ zu werden. Er führt ein sonderbares Doppelleben, ein geregeltes und ein ungeregeltes, hochmütig und demütig zugleich, ein ernsthafter Spieler, der seine Traumvisionen nicht von der Realität trennt. Am Ende dieses avantgardistischen, verstörenden Anti-Bildungsromans bleiben nur der Vorsteher des sich auflösenden Instituts – einem entthronten König gleich – und Jakob von Gunten übrig. Fräulein Benjamenta ist an Lieblosigkeit gestorben und die anderen Eleven haben ihre Anstellung als Diener erhalten. Herr Benjamenta, der sich selbst als bedrohlichen Unmenschen bezeichnet, fühlt sich in der Gegenwart von Jakob zum ersten Mal lebendig und fleht ihn an, mit ihm in die Welt hinaus zu ziehen. Zuletzt reiten der Herr und sein Zögling Seite an Seite in die Wüste, ins Nichts und der Erzähler fragt: „Und wenn ich zerschelle und verderbe, was bricht und verdirbt dann? Eine Null.“

Der dritte und meistdiskutierte Roman des herausragenden Schweizer Schriftstellers und gesellschaftlichen Aussenseiters Robert Walser (1878–1956) wurde in 25 Sprachen übersetzt und mehrmals verfilmt. Walser war mit seiner scharfsinnigen Beschreibung von Entfremdung und Wertnihilismus seiner Zeit voraus.

Barbara Frey, die Walsers Leidenschaft teilt, das Gigantische im Detail aufzuspüren, wird den Roman erstmals in Zürich auf die Bühne bringen.

„In „Jakob von Gunten“ führt die Regisseurin Barbara Frey ihre Stärken zusammen: das Gehör der Musikerin, das Rhythmusgefühl der Schlagzeugerin, das Faible für Abstraktion und die Lust an der Gaudi. Da stimmt schier alles – von der Besetzung über die Minimalisierung des Textmaterials beim gleichzeitigen Maximalisieren bestimmter Aspekte davon bis hin zur Musik.“ Tages-Anzeiger

„Eine präzise Choreografie und eine gepflegte Sprache (was am Theater nicht mehr selbstverständlich ist) prägen diesen Abend, der Robert Walsers tiefgründiger Wunderlichkeit auch in dreidimensionaler Gestalt gar wunderlich gerecht wird.“ Basler Zeitung

„Barbara Frey inszeniert im Schiffbau ihre Fassung von Robert Walsers Roman als schräges Fest für ein brillantes Starensemble“ Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Ein „Ort der Düsternis und der Verneblung“ soll nach Robert Walser die Dienerschule Benjamenta für den Zögling Jakob von Gunten und seine Mitgefangenen sein. In der Box des Schiffbau ist er die Geburtshöhle aller Untertanen. Düsternis herrscht hier ohne Frage, doch gleichzeitig ist Barbara Freys Arbeit gedankenklar und gedankenschwer. Ihre Inszenierung ist eine hellsichtig nebelfreie Zone.“ NZZ

„Er will eine reizende, kugelrunde Null sein: Barbara Frey bringt Robert Walsers Roman „Jakob von Gunten“ in der Box des Zürcher Schiffbaus auf die Bühne. Wir machen eine tiefe Verbeugung.“ Der Landbote

„Barbara Frey, die Chefin des Schauspielhauses Zürich, bringt Robert Walsers „Jakob von Gunten“ auf die Bühne des Schiffbaus. Ein beglückend-trauriger Abend.“ St. Galler Tagblatt

„Die Regisseurin schickt drei Schauspieler auf die Bühne, die jeder für sich das Publikum weghauen können (und das in Zürich auch schon getan haben). Und sie lässt sie spielen, saukomisch, superschaurig, ernsthaft und trotzdem als Clowns eines Daseins, das, von nicht allzufern, auch das unsere spiegelt: Michael Maertens als Titelhelden; Stefan Kurt als unsympathisch-schrägen Eleven-Kollegen Fuchs und als mildes Fräulein Benjamenta; Hans Kremer als unterwürfig-liebenswerten Eleven Kraus und als monströsen Vorsteher Benjamenta. Der musikalische Side-Kick an Klavier und Celesta wiederum, der 1980 geborene Iñigo Giner Miranda, gibt als zerbrechlicher, jüngster Zögling des Hauses Benjamenta buchstäblich den Ton an.“ Tages-Anzeiger

„Es sind grosse Schauspieler, die die beiden spielen: Hans Kremer und Stefan Kurt. Und sie nehmen auch die Vorvergangenheit ihrer Figuren in sich auf: ein Leben ohne Leben, ein Leben ohne Liebe. Der ebenso grosse Michael Maertens ist als Jakob von Gunten für sich allein. Viel Auslauf hat er in der Inszenierung nicht. Also keine Spaziergänge im Grossstadtgebiet. Keine Küsse mit der Polin. Keine Einbildungen. Und in der Turnnummer, die er in aller Fröhlichkeit beginnt, überdreht auf einmal sein Körper, als würde er von einer anderen Kraft bewegt.“ Zürichsee-Zeitung

„In diesem dumpfen Gehäuse vegetieren vier betretene Zöglinge: in orangen, ärmellosen Pullovern über weissen, kurzärmeligen Hemden, schwarzen Krawatten und grauen Hosen. Einer von ihnen, Michael Maertens, übernimmt dann den Part des Jakob von Gunten, der sich freiwillig in diese Schule der Erniedrigung begeben hat, um sich in Demut zu üben, seine Aufmüpfigkeit aber nicht ganz lassen kann. Ein anderer, Hans Kremer, schlüpft von der Rolle des Mitschülers Kraus alsbald in die des Institutsleiters Benjamenta, eines Kolosses von Mann, hinter dessen Sanftheit der Übergriff lauert. Der dritte Zögling ist Stefan Kurt: Hinreissend mutiert er immer wieder zum Fräulein Benjamenta, einer wandelnden Salzsäule, eingepfercht in ein enges, bodenlanges Kleid aus abgeschabtem Samt, das dieser tänzelnden verlorenen Seele unter dem Stoff die Arme in Achtungsstellung an den Leib schnürt. Der vierte Zögling schliesslich, der Musiker Iñigo Giner Miranda, begleitet das albtraumhafte Treten am Ort mit leisen Klängen am Klavier.“ Basler Zeitung

„Es ist ein Fest für ihre vier Schauspieler, das die Zürcher Intendantin Barbara Frey hier angerichtet hat.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Stark ist der Abend in seinen Kostümen und gestochen scharf in der Präzision, mit der man gehemmte Gänge und Körperhaltungen exemplifiziert Schulleiter Benjamenta (Hans Kremer trägt schwer an sich und der historischen Bartfrisur) hat sich im Laufe der Arbeitsjahre an seinen Zöglingen zur immobilen Fettkugel gemästet. Immobil ist auch seine Schwester (zum Verlieben: Stefan Kurt) und Sehnsuchtsobjekt des Zöglings Jakob (lausbubenhaft: Michael Maertens). Lisa ist das Wünschen und Wollen als Frau naturgemäss verboten, ihre Hände sind ins Kleid eingenäht. Der Liebe entfremdet ragt sie im goldenen Larvenstadium zwischen ihren Schülern auf. Der Tod wird das Fräulein bald dahinraffen, sie wird sündigen, da sie Jakob einen Kuss abtrotzt.“ NZZ

„Michael Maertens als Jakob gelingt die Gratwanderung zwischen Stockholm-Syndrom-ähnlicher Liebe und Renitenz vorzüglich. Das Fräulein Lisa wird vom umwerfenden Stefan Kurt verkörpert. Hans Kremer gibt – nebst dem Zögling Kraus – den Fettwanst Benjamenta. Die Songauswahl von Kate Bush bis Amy Winehouse begleitet Iñigo Giner Miranda – als Zögling – virtuos am Klavier.“ Aargauer Zeitung

„Regisseurin Barbara Frey brilliert mit einer eigenwilligen musikalischen Robert-Walser-Turnerei.“ Der Bund

Mit Hans Kremer, Stefan Kurt, Michael Maertens, Iñigo Giner Miranda
Regie
Barbara Frey
Stage Design and Costume
Bettina Meyer
Dramaturgie
Amely Joana Haag
Piano and Celesta
Iñigo Giner Miranda
Licht
Rainer Küng
Regieassistenz
Marco Milling
Bühnenbildassistenz
Selina Puorger
Kostümassistenz
Selina Tholl
Prompter
Gabriele Seifert
Inspizienz
Aleksandar Sascha Dinevski

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