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Viel gut essen

von Sibylle Berg

Pfauen

Premiere am 6. Februar 2016


Migration, Homo-Ehe, Biogemüse, Feminismus, Gentrifizierung von Wohnvierteln, Eurokrise – die Herausforderungen sind enorm, ebenso die Reizthemen, die nicht nur Internetforen und Stammtische zum Erbeben bringen. Er ist Social-Media-Experte, liebt Biomärkte und erinnert sich gern an seine Jugend, aber wenn er etwas zum Thema Liebe sagen soll, bekommt er Herzrasen. Weiss, heterosexuell, gutbürgerlich und gesund hat er nicht nur beruflich, sondern auch privat alles richtig gemacht und muss nun doch erkennen, dass er nicht auf der Gewinnerseite des Lebens steht … Sibylle Berg lässt ihn sich in Rage reden, über den Zustand unserer Gesellschaft philosophieren, klagen, sich empören und dabei – „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ – zunehmend ungemütlich werden. In ihrem humorvollen und pointierten Stück für „einen Mann oder viele“ porträtiert sie eine Generation, die nicht mehr weiss, ob sie um oder gegen Normativität kämpft und zwischen kapitalistischer Zwangsindividualisierung und der Pflicht zum Glücklichsein auf der Strecke bleibt.

Sibylle Bergs Stück „Es sagt mir nichts, das sogenannte Draussen“ wurde von „Theater heute“ zum Stück des Jahres 2014 gewählt und war in der fulminanten Inszenierung von Sebastian Nübling auch als Gastspiel in Zürich zu sehen. Sebastian Nübling, den mit Sibylle Berg eine enge Zusammenarbeit verbindet, führt nun auch Regie bei der schweizerischen Erstaufführung von „Viel gut essen“.

„So spielt das Trio an E-Gitarre und Keyboard in absurdem Zeitlupentempo das Leitmotiv, „The Final Countdown“. Der Protagonist glaubt, dass „sein“ Europa zu Ende geht. – Mal reden die Figuren einzeln, mal im Chor. Sie joggen, werfen sich synchron zu Boden, knien weinend nieder, den Blick ins Publikum. Der Regisseur rhythmisiert die Parts geschickt, Bergs Diskurs-Fläche gewinnt an Kontur. Komik, Verzweiflung und Zynismus werden betont. Berg/Nübling treffen einen Nerv!“ NZZ


„Es ist freilich ein hervorragender Schachzug von Bergs Leib- und Magenregisseur Sebastian Nübling, zu zeigen, dass auch frau in diesen Verhältnissen im Grunde keine Chance hat – statt, wie Rafael Sanchez 2014 bei der Uraufführung von „Viel gut essen“ in Köln, ein klamaukiges Männersextett an den Start zu lassen. Nübling besetzt die mosernde Männerstimme mit gleich drei jungen Frauen: Hilke Altefrohne, Henrike Jörissen und Lena Schwarz. Sie sprechen gleichzeitig, fallen einander gehetzt ins Wort, schmettern sich ihre garstigen Histörchen um die Ohren. Brillieren in ihrer konzertierten Bitternis.“ Tages-Anzeiger


„Am Schauspielhaus Zürich spielen diese furiose Versatzstück-Komposition aus dem Internet-Stammtisch drei Frauen. In Männerkleidern, beschnauzt und mit manchmal gar simplen typischen Männerposen geben Hilke Altefrohne, Henrike Johanna Jörissen und Lena Schwarz den Text als diebische Wonneproppen im Chor. Fast unmerklich steigern sie sich von zunächst nach Verständnis heischenden Tönen bis zum Punkt, an dem alles kippt: Dem Klagelied entwächst das Bekenntnis zur Pegida und ihrem Slogan „Wir sind das Volk!“, den sie den DDR-Überwindern abkupferte.“ Basler Zeitung


„Sebastian Nübling, der schon drei Berg-Monologe und einen Berg-Dialog auf die Theaterbühne gestemmt hat, ist hier ein Kranz zu winden. Er macht den „Das-wird-man-ja-wohl-noch-sagen-dürfen!“-Groll eines frustrierten Mittelständlers als dumpfen Rechtspopulismus kenntlich, der sogar militante Züge annimmt, und vermag plötzlich auch die seelische Not eines Verlierers freizulegen, der siebzehn Jahre Alleinverdiener einer Familie war und sich keinen einzigen Strafzettel hat zuschulden kommen lassen. Und er liefert keine blässliche szenische Rezitation ab, sondern ermöglicht ein wirkliches Theatererlebnis.“ Südkurier


„1 Mann oder viele“, fordert Sibylle Berg für ihr Stück „Viel gut essen“ und schreibt ausserdem: „Der Einsatz und die Verwendung der (chorischen) Zusatzstücke richten sich nach der jeweiligen Inszenierung.“ Für die Schweizer Erstaufführung des (2014 in Köln uraufgeführten) Stücks im Zürcher Pfauen hat Regisseur Sebastian Nübling die Anweisung ernst genommen – und doch subversiv-genial unterlaufen. Nübling, den seit seiner Uraufführungs-Inszenierung „Es sagt mir nichts, das sogenannte Draussen“ am Maxim Gorki Theater Berlin eine Erfolgspartnerschaft mit Berg verbindet, besetzt mit den drei Schauspielerinnen Hilke Altefrohne, Henrike Johanna Jörissen und Lena Schwarz. Lässt sie aber so gekonnt schminken und in typische nichtssagende Männerklamotten stecken (Kostüme: Pascale Martin), dass nur die Stimmen die Frauen verraten.“ Nachtkritik.de


„Regisseur Sebastian Nübling gibt der Wut des Mannes Raum, lässt sie wachsen. Ist dieser Mensch am Anfang eine reine Witzfigur, die Karikatur einen Bünzlis, der sich zappelig bemüht, souverän zu erscheinen und das Gegenteil erreicht, so erhält er gegen Schluss eine höchst gefährliche, beängstigende Dimension. Was sich hier zusammenrottet, es sind nun sechs Personen auf der Bühne, ist – so die triste Bilanz – ein wachsender Teil der Gesellschaft geworden.“ sda


„Die bis zu den Brandmauern aufgerissene Bühne im Zürcher „Pfauen" ist kahl und farblos. Drei Männer mit Schnäuzer, beiger Knitterhose und Pulli trudeln herein, umrunden den Raum, bleiben stehen, quasseln – dem Publikum zugewandt. Mal redet einer, meist zwei, dann unisono alle drei. Doch dieser Chor ist keiner aus der griechischen Tragödie. Er sprüht vielmehr vor Vergnügen. Und sehr bald spürt man: Die da reden, sind eigentlich nur einer. Kein Wunder, ist Sibylle Bergs Stück doch ein einziger Monolog. Blendend, wie Sebastian Nüblings Regie dem Trio – Hilke Altefrohne, Henrike Johanna Jörissen und Lena Schwarz – vergnügliche Funken entlockt. Dass die drei Schnauz-Träger in Wirklichkeit Frauen sind, ist kaum zu glauben, so männlich reden und handeln sie. Zudem verpassen sie dem Abend eine ganz besondere, eine verwirrende Note. Der Griff in den Schritt: ein einziges Vergnügen.“ theaterpur.net


„Regisseur Sebastian Nübling, den mit Sibylle Berg eine enge Zusammenarbeit verbindet, verteilt die Rolle des Krise-Manns auf drei Männer, vielmehr auf drei Frauen, die die drei Loser mit grosser Lust spielen. Auf leerer Bühne stehen sie, perfekt männlich gekleidet und frisiert, und erzählen die Geschichte des mittelständischen Familienvaters, der vor Kurzem noch zu den Gewinnern gehörte, jetzt aber nichts mehr hat als eine neue, nicht abbezahlte Küche, setzen zur Generalabrechnung an, lästern über Schwule, Künstler, Veganer, Feministinnen, Arbeitslose, Ausländer, Flüchtlinge, Muslime. Zum Vorschein kommt ein gekonnt hintergründiger Blick in die mentalen Abgründe eines Verlierers, der in gewählten Worten nachplappert, was gegenwärtig im Denkdunst an billigen Schuldzuweisungen gärt.“ seniorweb.ch


„Der Regisseur Sebastian Nübling lässt drei Frauen den „Text für einen oder viele“ sprechen. Das „Drag-King“-Trio wurde glaubwürdig männlich hergerichtet. Dass Frauen den schwächelnden Mann verkörpern, konterkariert seine frauenfeindlichen Sätze. Die Perücken sind schütter, die beigen Hosen sitzen unterm Bauch, darüber ein blaues Hemd – fertig ist der Normcore-Verlierer. Innerhalb des Trios zeigt sich eine Hierarchie: Einer tritt als Wortführer und in der Familienszene als Vater auf (Hilke Altefrohne), sein Stellvertreter (Lena Schwarz) verkörpert kurzzeitig die Frau/Mutter, der Kleinste, der die unbeliebtesten Sätze sagt und den Sohn darstellt (Henrike Johanna Jörissen), trägt ein T-Shirt der Lieblingsgruppe: Europe.“ NZZ


„Hilke Altefrohne, Henrike Johanna Jörissen und Lena Schwarz haben jede für sich die Macken typischer Mittvierziger-Maulhelden perfektioniert – und dass sie manchmal mit einem Kopfruck eine graublonde Strähne aus der Stirn werfen, ist durchaus eine selbstironische Geste. Denn wenn die Maske an ein real existierendes Vorbild erinnert, dann an den Regisseur himself. Will sagen: Schau hin, Mann, lass dich von Sibylle Bergs prototypischer Karikatur nicht täuschen, und wenn du ehrlich genug bist, wirst du darin schon ein Stück Weltverblödung finden, an dessen Entstehung du beteiligt bist.“ Theater heute


„Diesmal spielen drei Frauen – Hilke Altefrohne, Henrike Johann Jörissen, Lena Schwarz – die Rolle des Mannes, der durch die weibliche Besetzung vollends zur Kunstfigur wird. Die Kostümbildnerin Pascale Martin hat das Trio nahezu identisch eingekleidet: beige Hosen, hellblaues Hemd, darüber Pullover, Debardeur oder Sweatshirt. Alle tragen einen feinen Schnauz, die braun-blonden Haare sind streng nach hinten gekämmt. Auch darstellerisch variieren die drei ihren Grundtyp. Schwarz gibt sich, die Hände in den Hosentaschen, cool und überlegen; Altefrohne ist eher behäbig und hat fast schon gewohnheitsmässig die Hand im Schritt; Jörissen zeigt den missgelaunten kleinen Proll.“ Die Südostschweiz


„Mit Hilfe der Kostümbildnerin Pascale Martin und der Maskenbildnerei hat Nübling aber vor allem eine ingeniöse Idee verwirklicht. Nämlich die, dass Robbie von drei Schauspielerinnen gegeben wird. Sibylle Bergs männerkritische Sprüche, in denen immer wieder schöne Pointen gezündet, aber halt oft auch sattsam bekannte Klischees wiedergekäut werden, bekommen so eine ganz eigene raffinierte Färbung, wenn die betont maskulin aufspielende Hilke Altefrohne, Lena Schwarz, welche die Lässig-Coole gibt, und Henrike Johanna Jörissen, die einen wunderbaren Schmollmund aufsetzen kann, mit ihren Frauenstimmen sprechen. Dass man(n) sich auch noch machohaft in den Schritt langt, gerät unter solchen Umständen zu einem Running Gag der speziellen Sorte.“ Südkurier


„Sibylle Berg hat einige männer- und frauenentlarvende Sprüche auf Lager, die kann sie, dafür lieben wir sie. Doch es ist unbenommen Nüblings Verdienst, diesen nun doch auch altbekannten Klischees mit seiner Besetzung einen völlig neuen Ton zu geben. Die Männer sind männlich perfekt: Lena Schwarz mit windig-fluffiger Tolle, Hilke Altefrohne mit akkuratem Scheitel, Henrike Johanna Jörissen mit licht gewordenem Breitscheitel und alle drei mit dünnem Schnauzbärtchen. Und doch ist jede lüstern-züngelnde Zunge, jeder Griff in den Schritt (die gibt es reichlich), jedes Unverständnis dieses Mannes (die gibt es noch reichlicher) ein Statement, das man als ironischen Beitrag zur Genderdebatte oder als Aufruf gegen jedes Schubladen-Denken verstehen kann. Und das einfach auch Spass macht, weil die Frauen mit grosser Lust und Leidenschaft Männer spielen, die Frauen nicht verstehen.“ Nachtkritik.de


„Die Bühnenbildnerin Eva-Maria Bauer lässt sie zunächst auf der leeren Fläche agieren. Aus einem Spalt im Hintergrund erscheinen und verschwinden phasenweise bühnenhohe weisse Vorhangbahnen, die sich schliesslich in vielen Windungen über die ganze Bühne ziehen.“ Sarganserländer


„Am Schauspielhaus Zürich zeigt Sebastian Nübling das Stück „Viel gut essen“ von Sibylle Berg. Ein nicht klischeefreier, aber klarer Blick auf den Zusammenhang von Verlustangst und Rechtsextremismus.“ Die Südostschweiz


„Grandios ist der Einfall, diese verbitterten Männer durch Frauen spielen zu lassen. Es ist ein wahrer Genuss, Hilke Altefrohne, Henrike Jahanna Jörissen und Lena Schwarz bei ihrem Rollenspiel zuzusehen. Nur ihre Stimmen verraten ihr Geschlecht, ansonsten liefern sie in Gestik und Mimik unverkennbar männliches Gehabe, setzen die Mann-Krise überzeugend in allen Details ins Spiel. Das Premierenpublikum war begeistert von der grossartigen Umsetzung von Sibylle Bergs bissigem, zugespitztem Mannpsychogramm und bedankte sich mit langanhaltendem Applaus.“ seniorweb.ch


„Grosser Jubel nach nur siebzig Minuten für die anwesende Autorin, Nüblings Regie und das blendende Frauen-Trio.“ theaterpur.net


„Sibylle Berg und Sebastian Nübling sind als Autorin und Regisseur ein Theater-Dream-Team. Im Schauspielhaus Zürich zeigen sie „Viel gut essen“: einen locker-flockigen, aber auch ein wenig unheimlichen Abgesang auf den westlichen – männlichen – Durchschnittsversager.“ srf.ch


„Sibylle Berg hat mit dem Schreiben des Stücks vor zwei Jahren begonnen. Uraufgeführt wurde es im Oktober 2014 in Köln. Damals formierten sich in Deutschland die unheimlichen Patrioten der Pegida. „Es rotteten sich mehr und mehr Hassgruppen auf Facebook zusammen“, sagt die 53-jährige deutsch-schweizerische Autorin im Zürcher Begleitheft. Sie habe beobachtet, dass die Unzufriedenen auf der Strasse vornehmlich Männer waren. „Ich wollte untersuchen, was ein Ursprung für all die unangenehmen Äusserungen dieser Männer sein könnte.“ Das war ihre Versuchsanordnung und der Anlass zum Stück, das an der Premiere in Zürich auf Begeisterung gestossen ist.“ Neue Luzerner Zeitung


„Siebzig Minuten klug serviertes Minimaltheater, das gleichzeitig unterhält und verstört, weil die Autorin immer auch mit der Komponente Mitleid spielt, um das Selbstmitleid ihres Endzeitmannes zu entlarven.“ Basler Zeitung

Mit Hilke Altefrohne, Henrike Johanna Jörissen, Lena Schwarz
Regie
Sebastian Nübling
Bühne
Eva-Maria Bauer
Musik
Lars Wittershagen
Kostüme
Pascale Martin
Licht
Gerhard Patzelt
Dramaturgie
Andrea Schwieter
Bühnenbildassistenz
Simon Sramek
Kostümassistenz
Marcus Karkhof
Souffleuse
Katja Weppler
Inspizienz
Ralf Fuhrmann
Regiehospitanz
Sofia Heuri
Regieassistenz
Barbara Falter

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